Christliche Denker: Béla von Brandenstein

Veröffentlicht am 17.03.2023

Credo - Lange zu Unrecht vergessen, erlebt das Denken Béla von Brandensteins besonders in der akademischen Theologie eine kleine Renaissance.

Der Name Béla von Brandenstein ist wohl den wenigsten Menschen geläufig. Gewichtige Stimmen behaupten aber mittlerweile, von Brandenstein sei der bedeutendste humanistische Philosoph des 20. Jahrhunderts. Seine einzigartige Metaphysik menschlicher Seinsverbundenheit oder auch "Seinsvertrautheit" sollte gerade in unseren Zeiten wiederentdeckt werden.

Was damit genau gemeint ist, erklärt uns heute ein Schüler von Brandensteins: der Philosoph und Mediziner Dr. Boris Wandruszka. In dieser Sendung zeichnet er die wesentlichen Motive seines Lehrers Béla von Brandenstein nach. 

Freiherr Béla von Brandenstein (1901 in Budapest - 1989 in Saarbrücken) war ein ungarischer Philosoph. Er war der Sohn eines  Offiziers der österreichisch-ungarischen Armee. Das Studium der Philosophie absolvierte von Brandenstein in Ungarn, Österreich und in Deutschland. Danach hatte er hohe Funktionen an den ungarischen Universitäten inne. Unter anderem war von Brandenstein Professor für Philosophie.

Während des zweiten Weltkrieges floh von Brandenstein mit seiner Frau und den fünf Kindern nach Deutschland. Auf der abenteuerlichen Flucht vor der russischen Armee, durchquerte die Familie mit einer Pferdekutsche im März 1945 ganz Österreich. In Feldkirch, unterhalb des Bodensees, fand von Brandenstein eine vorläufige Unterkunft. Einen Teil seiner philosophischen Arbeiten konnte er dort schließlich veröffentlichen. Auch zahlreiche Vorträge hielt von Brandenstein zu der Zeit im Voralberger Raum, in Innsbruck und in der Schweiz. An der Universität in Saarbrücken setzte der Philosoph 1948 seine wissenschaftlichen Arbeiten fort. Bis zu seinem Tod lehrte er in Saarbrücken und publizierte regelmäßig seine Arbeiten.

Von Brandenstein gilt als einer der bedeutendsten Vertreter der deutsch-ungarischen Philosophie des 20. Jahrhunderts und allgemein als große Gestalt des christlich-humanistischen, systembildenden Denkens.

Dem gesamten Denken von Brandensteins liegt ein tiefes Seinsvertrauen zugrunde, das nicht zuletzt auf seinem christlichen Glauben beruht. Durch seine philosophisch äußerst differenzierte Erkenntnismethode veranschaulicht von Brandenstein, dass die Metaphysik als "echte Wissenschaft" betrieben werden kann. Er gehört damit zu den Philosophen, die die von Immanuel Kant  aufgerichteten "Grenzen der Vernunft" im Erkenntnisbereich der theoretischen Philosophie missachten.

Von Brandensteins Werk hatte zwischen den Weltkriegen europaweit Beachtung gefunden, geriet jedoch nach dem Krieg zunehmend in Vergessenheit. Die Béla-von-Brandenstein-Forschungsstelle will wieder das Interesse für diesen großen Denker wecken und sein Werk erneut bekannt machen. Ziel ist, die zahlreichen Errungenschaften der Philosophie von Brandensteins in vielen philosophischen Untersuchungsfeldern fruchtbar zu machen.

(Quelle: Béla-von-Brandenstein-Forschungsstelle, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg)

Christliche Denker: Béla von Brandenstein (1901-1989)

Credo um 20:30 Uhr mitModerator Gregor Dornis und DDr. Boris Wandruszka

Sendung verpasst? In unserem Podcast Credo können Sie die Sendung nachhören, downloaden und teilen.

Der Referent

Dr. phil. Dr. med. Boris Wandruszka ist Facharzt für Psychosomatik und psychotherapeutische Medizin in Stuttgart. Außerdem ist Wandruszka freier Dozent für Philosophie und Leiter der Forschungsstelle: "Béla von Brandenstein und sein Werk" an der Universität Freiburg i. B.

Seit längerem arbeitet Wandruszka an einer "Philosophie des Leidens", in der er Medizin, Psychotherapie und Philosophie zusammenführt. Bisher hat Wandruszka einige Bücher veröffentlicht, darunter die "Logik des Leidens" (2004) und die "Metaphysik des Leidens. Das Leiden und seine Stellung im Ganzen der Wirklichkeit" (2019).

Zur Homepage von DDr. Boris Wandruszka

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